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Modellprojekt zum Kinderschutz gestartet

Modellprojekt zum Kinderschutz gestartet

Die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des St. Marienhospitals Vechta hat zum Jahresbeginn 2015 einen Kooperationsvertrag mit anderen Kinderkliniken in der Region und der niederländischen Augeo–Foundation geschlossen. Gemeinsam nehmen die Kinderkliniken an einem innovativen Modellprojekt zur Kinderschutzweiterbildung der Stiftung teil.

Das frühzeitige Erkennen einer drohenden oder bereits eingetretenen Kindeswohlgefährdung (Vernachlässigung, körperliche Misshandlung, sexueller Missbrauch) gehört zu den großen aktuellen Herausforderungen in der Gesellschaft. Dabei kommt insbesondere den Kinder- und Jugendärzten eine zentrale Rolle im Gesundheitssystem zu.

Kindeswohlgefährdung stört die körperliche und emotionale Gesundheit sowie die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen immens. Erhebliche Auswirkungen auf das spätere individuelle Erwachsenenleben sind die Folge.

„Warnsignale von betroffenen Kindern und Jugendlichen können nur erkannt werden wenn wir als zuständige Fachkräfte, die diese Kinder behandeln, gut ausgebildet sind. Dann ist ein sensibler Umgang mit den Kindern sowie eine angemessene Reaktion möglich“, weiß Dr. Joseph Erkel, Chefarzt der Vechtaer Klinik für Kinder- und Jugendmedizin. Gemeinsam mit seinem Team ist er dankbar für die Möglichkeit der Teilnahme an dem Modellprojekt. Auf diese Weise können sowohl die Ärzte als auch die Kinderkrankenschwestern und –pfleger ihre Kompetenzen zum Schutz der kleinen Patienten erweitern.

Die niederländische, private und gemeinnützige Stiftung Augeo-Foundation hat ein E-Learning Ausbildungsprogramm entwickelt, das aus verschiedenen Modulen für Mitarbeiter aus dem ärztlichen und pflegerischen Bereich besteht. Die enthaltenen unterschiedlichen Themenbereiche werden in der Aus- und Weiterbildung der Ärzte und Pflegekräfte der Vechtaer Klinik für Kinder- und Jugendmedizin eingesetzt. Sie dienen dem Erkennen von Vernachlässigung, körperlicher Misshandlung und sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen.

Aktuell entwickelt das Team der Vechtaer Kinderklinik gemeinsam mit dem Jugendamt Vechta ein detailliertes Ablaufschema, das Handlungsempfehlungen zur Vorgehensweise bei der Vorstellung eines Kindes oder Jugendlichen mit Verdacht auf Kindesmisshandlung oder sexuellen Missbrauch gibt.

Besteht der Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung wird das Kind stationär aufgenommen und untersucht. Ein spezifischer Dokumentationsbogen unterstützt bei der Darlegung aller wichtigen Punkte. Bei Bedarf werden bei körperlicher Misshandlung zum Beispiel Blutergüsse fotografiert. Auch der Haus- oder Kinderarzt wird über den Verdacht informiert und befragt. Im Rahmen eines Helfertreffens sprechen der behandelnde Arzt, die involvierte Kinderkrankenschwester sowie die gegebenenfalls am Ablauf beteiligte Psychologin und eine Fachkraft vom Jugendamt über die Befunde und tauschen sich über ihre Eindrücke aus, um sich ein objektives Bild zu dem Verdachtsfall zu machen. Falls erforderlich erfolgt dann Rücksprache mit einer Beratungsstelle wie beispielsweise der Familien-Beratungsstelle, Frühförderstelle oder dem Gesundheitsamt.

Die Augeo-Foundation initiierte das Modellprojekt zunächst 2006 an der niederländischen Universitätsklinik Utrecht in Kooperation mit Kinderkliniken der Region. Im Frühjahr 2013 hatte die Stiftung im Rahmen der European Medical School der Universitäten Groningen und Oldenburg Kontakt mit der Oldenburger Kinderklinik aufgenommen und angeboten, das niederländische Ausbildungsprogramm im Rahmen eines Modellprojektes mit der Kinderklinik Oldenburg und den Kinderkliniken der Weser-Ems Region (hierzu gehört auch das St. Marienhospital Vechta)  auf deutsche Kinderkliniken zu übertragen. Die „Übersetzungsarbeit“ sowie die Anpassung an das deutsche Rechtssystem werden einige Mitglieder der Kooperation leisten, zu denen auch Dr. Joseph Erkel gehört. Einige Module werden zunächst nur auf Englisch angeboten.  

Zwischen den kooperierenden Kliniken besteht schon eine langjährige enge Zusammenarbeit durch gegenseitige Patientenüberweisungen, Verbundprojekte und Arbeitskreise in zahlreichen pädiatrischen Fachdisziplinen (zum Beispiel Neonatologie, Neuropädiatrie, Kinderonkologie und –gastroenterologie). Auch im Bereich des Kinderschutzes gibt es aufgrund der gemeinsamen Behandlung von Patienten bereits seit vielen Jahren einen engen Austausch zwischen den Kinderkliniken.

Neben dem St. Marienhospital Vechta und dem Klinikum Oldenburg gehören nachfolgende Kliniken zu den Kooperationspartnern: Gesundheit Nord – Betriebsstätte Klinikum Links der Weser, Bremen; Klinikum Emden; Krankenhaus Ludmillenstift, Meppen; Christliches Kinderhospital, Osnabrück; Reinhard-Nieter-Krankenhaus, Wilhelmshaven; Klinikum Delmenhorst und das Klinikum Leer.